Die ersten Minuten sind entscheidend

Dies war eine der wichtigsten Information am Samstag den 08.07.2023 beim TC Saar Neunkirchen im Robinsondorf. Dorthin hatte der Verein eingeladen, um 6 Stunden in Theorie und Praxis über die Notwendigkeit einer fachgerechten Rettung und schnellen Sauerstoffgabe zu informieren. Und:  Die Veranstaltung hatte einen enormen Zuspruch gefunden. Mit 44 Teilnehmern war der Rettungstag ein voller Erfolg.

Den Auftakt machte Herr Dr. Dominik Legner, Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie und Internistische Intensivmedizin am Nardini Klinikum in Zweibrücken. Er gestaltete die ersten 3 Stunden sehr kurzweilig und hatte immer wieder praktische Beispiele und Erklärungen im Repertoire, mit denen er allen Anwesenden alles rund um die Themen Herz-Kreislauf und Atmung, Barotraumen, Gasembolien und die Auswirkungen auf die Lunge, Air trapping, sowie Alltägliches und eher wahrscheinliches wie Hitzeschlag und Sonnenstich vermittelte. Selbsterklärend waren seine Ausführungen rund um die Themen der Tauchtauglichkeit, orientierend an den Leitlinien der GTÜM sowie das Thema Tauchen nach Covid.

Und ein praktisches Thema durfte nicht fehlen – der Herz-Kreislauf-Stillstand. Und hier hat Herr Dr. Legner es geschafft, die volle Aufmerksamkeit bei allen Teilnehmern zu erlangen. Einen Herz-Kreislauf-Stillstand, so Legner, erleiden jedes Jahr etwa 50.000 Menschen außerhalb des Krankenhauses.

Meist ist die Ursache ein Herzinfarkt, eine andere Herzerkrankung oder andere organpathologische Veränderungen. Natürlich kann auch eine DCI lebensbedrohlich verlaufen und schon während des Aufstiegs zum Herz-Kreislauf-Stillstand führen. Ursache hin oder her, Fakt ist: Die betroffenen Personen brauchen schnell Hilfe. Der Krankenwagen trifft in Deutschland im Schnitt erst nach etwa 12 bis 15 Minuten am Unfallort ein. Wenn bis dahin nichts passiert, sind irreparable Hirnschäden unvermeidbar. Unsere Organe und Gewebe werden dann nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Dieser Mangel macht sich vor allem im Gehirn bemerkbar, da es wegen seiner hohen Aktivität einen viel höheren Sauerstoffverbrauch hat als andere Organe. Darum ist das primäre Ziel in den ersten Minuten, das Gehirn so schnell wie möglich mit Sauerstoff zu versorgen.

Die Herzdruckmassage ist darum die wichtigste Erste-Hilfe-Maßnahme bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand. Durch das regelmäßige Drücken auf die Brust wird ein Minimalkreislauf aufrechterhalten der dafür sorgt, dass Blut mit Restsauerstoff zum Gehirn gepumpt wird. Und jetzt standen die praktischen Demonstrationen an – und dies sowohl in den Varianten der Ein-Helfer- als auch der Zwei-Helfer-Methode, mit und ohne Ambubeutel oder ähnlichen Hilfsmitteln, inkl. der Anwendung unseres Sauerstoffkoffers.

Tu was: O2 und 30:2

Herr Dr. Legner machte auch deutlich, dass die Effektivität der Kompression in Abhängigkeit zur Zeit nachlässt. Nach 4 Minuten beläuft sich diese nur noch auf 50 %. Selbstverständlich kam bei seiner Demonstration auch der AED zum Einsatz. Legner erläuterte, dass wenn es gelingt, die Hirnfunktion durch eine effektive HLW-Methode zu erhalten, im Nachhinein meist auch alle anderen Organe, beispielsweise das Herz, gerettet werden können.

 Das Einzige, was man falsch machen kann ist, keine Erste Hilfe zu leisten!

Herr Dr. Legner beendete den Vormittag mit dem 2. Credo des Tages:

Nach dem Mittagessen ging es dann in Gruppen in die praktische Umsetzung. 4 Stationen wurden aufgebaut und die Gruppen durften sich jetzt bei molligen Außentemperaturen der Reanimation, Reanimation mit AED, der Sauerstoffgabe und natürlich der Schock- und stabilen Seitenlage widmen.

Station 1: Die stabile Seitenlage

Die stabile Seitenlage ist neben der Wiederbelebung eine der wichtigsten Maßnahmen der Ersten Hilfe. Bei unserer Ausbildungsleiterin Nicole Kiefer ging es darum, mit einfachen Kniffen den Verunfallten (bewusstlos und Atmung vorhanden) in die stabile Seitenlage zu bringen. Und es geht einfach, wenn man die Ruhe bewahrt. Der Verunfallte befindet sich in Rückenlage mit ausgestreckten Beinen. Der helfernahe Arm wird nach „oben“ gelegt, der Handrücken des abgewandten Armes an die Wange geführt. Danach Bein aufstellen und Verunfallten zu sich drehen – Knie auf den Boden ablegen, den Kopf überstrecken, den Mund leicht öffnen, so dass die Atemwege frei bleiben, und: Notruf absetzen, sofern noch nicht geschehen. So die Kurzfassung. Und: In der Praxis steckt der Teufel im Detail und so war es wichtig, dass jeder Teilnehmer in den Genuss kam, die Kniffe in die Praxis umzusetzen. Und nicht selten steckt noch die alte Version der Seitenlagerung in den Köpfen, die nicht mehr gelehrt wird, aber trotzdem ihren Zweck erfüllt.

Und am Ende der Übungseinheit kamen dann noch 2 wichtige Tipps: Personen, die eventuell an der Wirbelsäule verletzt sind, sollten am besten ganz vorsichtig mit mehreren Personen in die stabile Seitenlage gebracht werden. Schwangere sollten immer auf ihrer linken Seite gelagert werden. In Rechtsseitenlage kann das ungeborene Kind die untere Hohlvene abdrücken. Das stört den Blutrückstrom zum Herzen.

Dann ging es weiter zur Station, die unser Medizinproduktebeauftragter Peter Hanauer, betreute.

Station 2: Unser Notfallrucksack und die Sauerstoffgabe:

Peter Hanauer, bei dem unser Notfallrucksack und das O2-Gerät in besten Händen ist, erklärt zuerst, was wir alles im Rucksack bevorraten. Selbsterklärend sind da alles, was man braucht zur Wundversorgung, von den sterilen Kompressen bis hin zu normalen Pflaster. Aber auch Notfallpläne, z.B. den für den Tauchspot in Gravière du Fort, sind fester Bestandteil. Das Hauptaugenmerk an dieser Station gilt aber der Sauerstoffgabe.

Die einfache Handhabung, Sauerstoff zu verabreichen gelingt über den Einsatz des Demandsystems, das wir Taucher vom Funktionsprinzip auch gut verstehen, da es im Prinzip wie ein Lungenautomat funktioniert. Aber bitte die Nasenklammer nicht vergessen, sonst ist der Behandlungserfolg nur befriedigend. Durch die Gabe von 100 % Sauerstoff wird die Stickstoffabgabe beschleunigt und es kommt zu einer Verkleinerung der bei einem Tauchunfall entstandenen Gasblasen. Von daher ist es unabdingbar, Sauerstoff sofort zu verabreichen. Zusätzlich hatte Peter noch den Übungs-AED im Einsatz, den er mit einer realistischen EKG-Simulation für den Einsatz des Defis „gekoppelt“ hatte. Elektroden auspacken und richtig anlegen, Aufforderung den Schock auszulösen, sich schnell an die verschiedenen Einstellungen und Schritte zu gewöhnen, die erforderlich sind, um eine effektive Defibrillation durchzuführen, waren die Übungsinhalte.

Station 3: HLW, Atemspende und AED Einsatz:

Der Notfall kann nicht oft genug simuliert werden, damit die Griffe sitzen und Sicherheit im Umgang mit den technischen Hilfsmitteln keine Schwierigkeiten bereiten.

Darum war an Station 3 das Thema „Auffinden einer Person im Notfall – bewusstlos und keine Atmung“. So ging es los mit der Überprüfung der Atmung. Um den Atemweg frei zu machen, wird eine Hand auf die Stirn und die andere Hand an das Kinn gelegt. Nun wird beim Erwachsenen der Kopf maximal in den Nacken überstreckt. Damit ist der Zungengrund aus dem Atemweg und die Atmung kann kontrolliert werden. Dies soll nicht länger als 10 Sekunden dauern, denn es darf keine Zeit verschwendet werden. – Hören, Sehen und Fühlen. – Aber was, wenn wir uns nicht sicher sind? Dann gilt es immer mit der Reanimation zu beginnen. An dieser Station war die Zwei-Helfer-Methode gefragt.

Alle Maßnahmen sollten durchgeführt werden, vom Entfernen der Kleidung bis hin zum Anlegen der Elektroden – und dabei keine Zeit verlieren und einen optimalen Ablauf gewährleisten. Gar nicht so einfach, wenn man dabei noch bedenkt, dass es kein echter Notfall war und dass der Adrenalinspiegel in einer realen Situation wesentlich höher ist und möglicherweise noch Nervosität hinzukommt. Umso wichtiger ist es, diese Details zu üben und dabei festzustellen, dass mit einer guten Abstimmung alles viel einfacher läuft.

Station 4: HLW und Atemspende:

Weil es nicht oft genug geübt werden kann. An dieser Station ist unser Gast Jörg Besse (Rettungssanitäter, DLRG-Ausbilder OG Wiebelskirchen) gefordert. Er informiert zuerst über unterlassene Hilfeleistung, denn auch bei Arbeitsunfällen, die vielleicht wahrscheinlicher sind als Tauchunfälle, sieht man immer wieder, dass die Arbeitskollegen Angst haben, etwas falsch zu machen.

Viele glauben, für Schäden haften zu müssen. Dem ist nicht so. Ersthelfer haben das Recht auf ihrer Seite. Strafbar ist allerdings die unterlassene Hilfeleistung, also dann, wenn man nichts tut. Also: Ran an das Üben, denn es rettet Leben und es gilt zu bedenken: Wenn man selbst verunfallt, wünscht man sich auch schnelle und effiziente Hilfe durch den Ersthelfer. Und hier ging es richtig zur Sache. Alle konnten und durften lange Herzdruckmassage üben und erkennen, was Dr. Legner in seinen Ausführungen angemerkt hatte – dass die Effektivität der Kompression in Abhängigkeit zur Zeit nachlässt. Somit ist es ungemein wichtig, die richtige Position einzunehmen, um die Kompressionen so kräfteschonend wie möglich durchzuführen und sich natürlich mit dem Helfer, der die Atemspende durchführt, abzuwechseln. Damit waren alle an der „letzten“ Station so richtig gefordert und durften noch mal alles geben.

Am Ende dankte Nicole Kiefer allen Teilnehmern für die Teilnahme am Seminar und bedankte sich bei den Referenten für ihren Einsatz. Die positive Rückmeldung vieler Teilnehmer hat bestätigt, dass sich die Mühen für die Organisation gelohnt haben und eine Auffrischung in Theorie und Praxis ungemein wichtig ist.

Text und Bilder: Michael Bleif